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Die „neue Seidenstraße“

Die alte Handelsroute soll China wieder zum Zentrum der Welt machen. Europa hat dem Mega-Infrastrukturprojekt bislang kaum etwas entgegenzusetzen.  

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Die „neue Seidenstraße“ © Pixabay

Chinesische Anleihen für Italien und Investitionen für Griechenland: Wie an einer Perlenkette reiht China Land für Land entlang der Neuen Seidenstraße aneinander. Unter dem Mantel der Belt and Road Initiative (BRI), wie sich die Neue Seidenstraße offiziell nennt, errichtet China Straßen und Häfen, investiert und vergibt Kredite.

Offiziell geht es Peking darum, Handelswege auszubauen, die Rohstoffzufuhr nach China abzusichern und Märkte für die eigenen Exportprodukte zu erschließen. Und „Chinas Versprechen von Wohlstand, Sicherheit und Ordnung ist für viele Länder attraktiv“, erklärt Michael Roth, Staatsminister im Außenministerium. Gleichzeitig verfolgt China aber auch ein geostrategisches Ziel.

Erstmals seit dem Ende des Kalten Krieges gibt es wieder eine ernsthafte ideologische Alternative zum westlichen Dreiklang aus Demokratie, Marktwirtschaft und Rechtsstaatlichkeit: Eine ökonomisch bislang äußerst erfolgreiche Diktatur erklärt sich selbstbewusst zur Alternative zum westlichen System der liberalen Checks and Balances mit all seinen Ermüdungserscheinungen. „Wir gehen nach wie vor davon aus, dass unser europäisches Modell des demokratischen Rechtsstaats sich von allein ausbreitet“, fügt Roth hinzu, aber „die Hoffnung auf Wandel durch Handel“ habe sich mittlerweile erledigt. Unter Xi festigt die KP ihre Macht und nutzt Investitionen und Handelsverbindungen, um Einfluss auf andere Länder auszuüben. „Wir stellen fest, dass die chinesische Regierung lieber bilaterale Beziehungen pflegt, als Europa als politische Einheit zu behandeln und ernst zu nehmen“, sagt Roth.

In Berlin ist man über das Verhalten Italiens verärgert, das sich als erstes G7-Industrieland der Neuen Seidenstraße angeschlossen hat. China werde Europa nur respektieren, wenn es stark und einig auftrete, so die Analyse im Kanzleramt.

Digitale Seidenstraße aus Breitband-Internetverbindungen

80 Länder haben sich inzwischen Chinas Initiative angeschlossen – von Pakistan über die Türkei, Serbien und Kenia bis hin zur Karibik. „Belt“ steht für die Überlandverbindungen zu Chinas Nachbarn bis weit nach Westen, also für Straßen, Gleise, Flughäfen. „Road“ bezieht sich dagegen auf die Wiederbelebung der alten Seewege und Schifffahrtsrouten vom Reich der Mitte nach Europa und darüber hinaus. Dazu kommt eine digitale Seidenstraße aus hochmodernen Breitband-Internetverbindungen, deren Baumeister Konzerne wie Huawei sind. Schon heute kontrolliert das Reiche der Mitte etwa die Hälfte der weltweiten Produktion von Glasfaserkabeln.

Mehr als vier Milliarden Menschen leben entlang der Neuen Seidenstraße und erwirtschaften dort fast ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung. Chinesisch kontrollierte Finanzhäuser wie die China Development Bank (ADB), die Asia Infrastructure Investment Bank (AIIB) und die Export-Import Bank haben für fast 1.000 Investitionsprojekte rund eine Billion Dollar bereitgestellt.

Zu den Projekten entlang der Neuen Seidenstraße gehören Tiefseehäfen wie Hambantota in Sri Lanka oder Piräus in Griechenland. Dazu gehört aber auch die Eisenbahnlinie von Mombasa nach Nairobi, oder der Bau der Peljesac-Brücke in Kroatien. Und ein Fünf-Milliarden-Dollar-Kredit für das ölreiche Venezuela.

Die damalige Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, warnte deshalb im vergangenen Jahr, dass Großprojekte der BRI „zu einem problematischen Anstieg der Verschuldung führen können“. Denn die Chinesen bringen klammen Staaten zwar Geld und erhalten dafür Aufträge und Einfluss. Aber eine Untersuchung des Center for Strategic and International Studies in Washington zeigt auch, dass fast 90 Prozent aller BRI-Aufträge an chinesische Firmen gehen. Bei europäischen Managern und Unternehmern herrscht deshalb inzwischen Ernüchterung.

Auch Siemens-Chef Joe Kaeser sah in der BRI lange Zeit eine „neue Welthandelsordnung für freien und fairen Handel made by China“. Jetzt erkennt er in der Neuen Seidenstraße vor allem eine „Einbahnstraße“.

Es gehört zu den ironischen Wendungen der Geschichte, dass die USA die Idee einer Neuen Seidenstraße schon vor den Chinesen hatten. Bereits 2011 forderte die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton in einer Rede in Indien: „Lassen Sie uns zusammenarbeiten, um eine Neue Seidenstraße zu schaffen. Ein ganzes Netzwerk von Wirtschafts- und Verkehrsverbindungen. Eine Vision für das 21. Jahrhundert.“

Jens Theophort

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